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Hill- oder Mountainbiken? 100 Höhenmeter reichen völlig aus.
Mountainbiking und Naherholung ist das Thema der Stunde. Trails direkt vor der Haustüre sind zwar schon lange da, jedoch nehmen sich die Nutzervertretung und erfreulicherweise auch die öffentliche Hand der Umsetzung von offiziellen Angeboten immer mehr an. Die Erwartungen an das Trail Design sind jedoch von den Nutzenden oftmals sehr unterschiedlich, wenn nicht sogar gegensätzlich. Wie die verschiedenen Ansprüche innerhalb von 100 Höhenmetern auf konzentriertem Raum unter einen Hut gebracht werden können und unter welcher Wechselwirkung Naherholung und Tourismus stehen, zeigt das Beispiel vom «Trail Eldorado Rideplatz» in Winterthur exemplarisch.
Autor: Claudio Schnurrenberber & Severin Schindler
Fotos: Dave Tschumi & Beat Hofmann
Video: Roland Ogg (Recognize Films)
Illustrationen: Jan Zablonier
Knappe Platzverhältnisse
Hoher Nutzungsdruck in stadtnahen und bevölkerungsdichten Gebieten birgt einiges an Konfliktpotential. Einerseits entstehen aufgrund fehlendem Angebot illegale Trails und Mountainbikende können mit anderen Nutzergruppen – sprich Wandernden, Reitenden, Joggenden – auf bestehenden Wegen in Konflikt kommen. Dazu wird andererseits der Druck auf Natur, Lebensräume und Wald sowie dessen Bewirtschaftung immer grösser. Mountainbiken ist in diesen Gebieten Realität und hat aufgrund statistischer Erhebungen (vgl. Sport Schweiz) und rechtlicher Grundlagen (Veloweggesetz) seine Daseinsberechtigung. Dies war auch der Anstoss für das Projekt in Winterthur. Die lokale Nutzervertretung IG Biketrails initiierte gemeinsam mit dem Sportamt der Stadt Winterthur das Projekt am Reitplatz, wo sich das Angebot an bestehenden Sportanlagen ideal einfügt. Der Mountainbike-Verkehr muss aber mit anderen Schutz- und Nutzinteressen abgestimmt werden, wofür oftmals mehrjährige Planungsprozesse notwendig sind.
Mountainbiken oder doch nur Hillbiken?
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die «leicht ketzerische» Frage, ob wir nur noch «hillbiken» anstatt zu «mountainbiken»? Naja, natürlich nicht ganz, aber im Mittelland verlaufen die Trails halt auf Hügeln, welche teilweise gerade einmal 100m Höhendifferenz bieten. Das muss aber nicht heissen, dass es nicht möglich ist, attraktive Angebote auf wenig Platz und wenig Höhenunterschied zu realisieren. Es ist halt einfach eine etwas schwierigere Aufgabe, vor allem auf der konzeptionellen Ebene.

Vielschichtige Erwartungen an das Trail Design
Ansprüche an Trails von Mountainbiker:innen sind je nach Vorlieben und Können oftmals total verschieden. Wir Trail-Designer und -Bauer sind damit tagtäglich konfrontiert. Bei Trailbau-Projekten in Naherholungsgebieten sind uns die Mountainbikenden so nah wie sonst selten. Im Gegensatz zu einer Baustelle auf 2300 m.ü.M. trifft man auf die zukünftigen «Trail-Konsument:innen» fast täglich. Diese Baustellenbesuche generieren je nach Offenheit der Nutzenden dementsprechend viele Inputs, Tipps, Ideen und Kritik, aber auch eine hohe Erwartung an die Trailbauer. Diese Erwartungshaltung zu erfüllen, ist eine grosse Aufgabe mit viel Verantwortung und setzt einiges an Kreativität und Trailbau-Erfahrung voraus. Auch der Anspruch, dass ein einziger Trail, jahrelang etablierte Trails der Bikenden ersetzen kann ist ein Trugschluss. Es muss ein vielfältiges und ganzheitliches Trail-Angebot – aufwärts, abwärts, seitwärts, mal schwieriger, mal einfacher – entstehen, um die gewünschte Lenkung zu erzielen, so wie das Beispiel der Rideplatz Trails Winterthur eindrücklich zeigt. Die drei bezüglich Schwierigkeitsgrad und Style verschiedenen Trails können durch das bestehende Waldstrassen-Netz und einem Uphill-Trail beliebig kombiniert werden. So läppern sich in einer Feierabendrunde auf einem 5km langen Trail-Netz schnell mal 500hm zusammen. Ergänzende und fordernde Skills Stationen am Wegrand runden das ganzheitliche Angebot ab.

Maschinen versus Handwerk
Ein Teil der Trails wurde aufgrund Trail Style und Ausbaugrad («The Good») sowie Bodenbeschaffenheit (unterer Bereich) maschinell gebaut. Für die ganzjährige, witterungsfeste und hohe Nutzung wurde der teilweise tonhaltige und wasserspeichernde Boden mit zusätzlichem Kies gemischt und somit stabilisiert. Anspruchsvollere und naturnahe Abschnitte wurden von Hand gebaut, um bestehende Strukturen wie Wurzeln zu erhalten. Diese wurde teilweise mit Steingruppen ergänzt und verstärkt. Durch diese Kombination aus maschineller und handwerklicher Arbeit konnten wir eine hochwertige und nachhaltige Umsetzung gewährleisten, die sowohl den sportlichen Anforderungen als auch den ökologischen Aspekten gerecht wird.
















In einer zweiminütigen Trail-Doku zeigt Projektleiter «Schnurri» auf, wie die Trails gebaut wurden. Die Locals Kevin und Rico erzählen am Ende der Bauphase von ihren ersten Fahrten auf den neuen Rideplatz Trails!
Und was haben attraktive Home Trails mit Tourismus zu tun?
Durch Angebote wie in Winterthur bringen wir den Sport näher zu den Nutzenden und fördern die lokale Mountainbike-Community. Kleine Kinder, grosse Kinder, Kind Gebliebene und natürlich Erwachsene jeglicher Niveaustufe können ihren Lieblingssport direkt vor der Haustüre ausüben, und zwar jeden Tag. Attraktive Home Trails sind aber auch für Tourismusgebiete von zentraler Bedeutung. Die Wechselwirkung zwischen Naherholung und Tourismus ist wichtiger, als es auf den ersten Blick erscheint. Attraktive Home Trails konkurrenzieren nicht. Nein, sie befruchten die touristische Nachfrage und somit auch die Volkswirtschaft in den Bergregionen. Wird zuhause unter der Woche, sei es Lunch Ride oder Feierabend Runde, gebiked, ist die Wahrscheinlichkeit umso grösser, dass am Weekend oder in den Ferien auch mal andere Trails unter die Stollen genommen werden. Am Eröffnungsweekend vom 5./6. April 2025 wurden im Trail-Eldorado Rideplatz über 1000 Fahrten gemessen.





















