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Journal

Eine Kurzgeschichte über Mehrfachlinienführungen

Mehrfachlinienführungen sind, insbesondere im offenen und höher gelegenen Gelände, Gang und Gäbe. Erosion, mehr Landverbrauch und keine klare Besucherlenkung gehen mit diesem Phänomen einher. Aber was kann dagegen getan werden? Eine kleine Kurzgeschichte von der Problemanalyse bis zum Lösungsansatz …

Autor: Severin Schindler

 

Parallele Linien 

Bestehende Wege sind vielfach zu steil angelegt. Und zwar so steil, dass das Wasser nirgends austreten kann, sondern immer schön fleissig der Falllinie entlang fliesst. So werden laufend Feinanteile ausgeschwemmt und der Weg zunehmend eingerissen. Insbesondere Starkniederschläge können diese Prozesse beschleunigen. Irgendwann ist die erodierte Rinne so tief, dass das Laufen und Fahren darin mühsam wird. In der logischen und bequemen Konsequenz entsteht daneben eine parallele Spur. Das geht, fährt und läuft sich zwar durch die Verwurzelung des Grases eine Weile lang gut, aber hier macht sich über die Zeit wiederum die Witterung bemerkbar: Auch diese Spur verwandelt sich zu einer tiefen Rinne. Und das Spiel beginnt wieder von vorne – bis in der Gesamtstruktur acht Rinnen nebeneinander liegen und die bewirtschaftbare Fläche immer kleiner wird. Im dümmsten Fall wird damit auch ein extensiver Standort wie z.B. national geschützte Trockenwiesen und -weiden tangiert …

… so geschehen an der Lenk am Stüblenipass.

 

Pragmatisch zum Stakeholder-Unisono

Im Rahmen der im Jahr 2020 durchgeführten Wegnetz-Analyse wurde das Problem identifiziert und in einer mehrjährigen Planung als Massnahme festgelegt. Die Stakeholder Gemeinde, kantonale Ämter, Regierungsstatthalteramt, Tourismus, Berner Wanderwege, Bewirtschaftende und Grundeigentümer*innen haben sich gemeinsam für eine klare Wegführung und den Rückbau und Renaturierung der entstandenen Rinnen ausgesprochen. Die ursprüngliche Linienführung ist im Bild sogar noch leicht zu erkennen. Anhand einer Detailplanung wurde im Mehrfachlinien-Korridor ein neues Trail Design ausgearbeitet und mittels Meldeverfahren das Vorhaben vom Regierungsstatthalteramt bewilligt.

 

Trail Design Trade Off

Die Wegführung im offenen Gelände bei Wegen mit laufender und rollender Nutzung darf nicht zu raumgreifend sein. Oder anders rum ausgedrückt: sich nicht an moderaten Durchschnittsneigungen festnageln wie sie oftmals im zeitgenössischen Mountainbike Trail Design propagiert werden (z.B. < 10%), denn sonst funktioniert die Lenkung bei den Wandernden nicht mehr. 

Es muss also ein Trade Off her: Die Wegführung wird so ausgestaltet, dass keine Abkürzungen entstehen können (bspw. bei nah aufeinanderfolgende 180°-Kurven) und die Nutzenden durch eine gute Integration ins Gelände intuitiv geführt werden. Ein regelmässiges Zick-Zack wie die noch schwach erkennbare ehemalige Linienführung (vgl. Bild oben) kann schnell mal zu Abkürzungen führen. Trotzdem darf der Weg nicht zu steil sein, damit das Wasser regelmässig von der Wegoberfläche weggeleitet werden kann. Leicht schlängelndes Design schafft Raum für Entwässerungen. Die Drainagen in Form von Mulden mit Querneigung werden zusätzlich durch tief eingebaute nicht überstehende Steinplatten und Steine verstärkt. Denn diese kann das Wasser nicht wegspülen, Plattenprävention inklusive. 

Im September 2023 konnte die geplante Massnahme durch den Werkhof der Gemeinde Lenk und Vast Trails ausgeführt werden. Durch den Grasnarbenüberschuss konnte die Rillenstruktur fast flächendeckend wieder rückgebaut und renaturiert werden. Wir sind bereits jetzt gespannt, wie die Wegnutzenden, egal ob wandernd oder mountainbikend, ab nächstem Jahr die neue Wegführung annehmen werden.