Journal
Jüks & Schladmingers
Im Rahmen von unserem bewährten Mix aus Bildungsreise und Team-Anlass, der Tour d’Horizon, war dieses Jahr Claudio “Schnurri” Schnurrenberger mit der Organisation an der Reihe. Allen bergab orientierten Radfahrer:innen ist Schladming seit Jahrzehnten ein mythischer Begriff. Durch legendäre Downhill World Cups, aber auch durch Erzählungen von herausragenden Jump Lines (sog. Jüks im vast’schen Jargon) ist dieser Mythos entstanden. Gerne der Jük-Disziplin frönend, war es für Schnurri eine intuitive Konsequenz, unsere Tour dieses Jahr mit dem Ziel Schladming in der österreichischen Steiermark auszustatten.
Autor: Dave Tschumi
Fotos: Severin Schindler & Mario Gisler
Warm Up: Bike Park Brandnertal
Das Brandnertal lag quasi am Weg in die Steiermark und der in den letzten Jahren kontinuierlich erweiterte Bike Park bot sich somit zum perfekten ersten Stop an. Dieser überzeugt mit einer stimmigen Progression und Diversifikation an verschiedenen Trail Styles. Von blau bis schwarz und mit illustren Trailnamen wie “Tschäkk the Ripper” oder “Tschak Norris” ausgestattet, ist hier für jeden Gusto und jedes Fahrniveau etwas dabei. Unsere Aufmerksamkeit zogen jedoch ziemlich bald die roten Freeride-Trails und insbesondere eine neu gebaute Sektion von Sprüngen auf der Höhe der Mittelstation an. Aus der wilden Downhill-Strecke in eine seidenfeine Jump Line mündend, verbrachten wir über 1,5 Stunden in dieser Sektion, das Bike immer wieder hochstossend. Der Tenor war unisono – es braucht nicht viel um glücklich zu sein – ein paar gut angelegte und abwechslungsreiche Jüks reichen für mehrere Stunden sportlichen Vergnügens. Einziger Wermutstropfen war aus unserer Sicht der mit wenig Liebe hergestellte und unterhaltene Flowtrail “Tschengla Unchained”. Um Einsteigern und kleinen Kids das Bike Park Fahren schmackhaft zu machen, benötigt es definitiv ein besseres Angebot. Entlastend kann man ins Feld führen, dass der Trail durch einen sehr nassen Perimeter führt, was jedoch in der Planung zu berücksichtigen wäre.









Schladming
Von unserer gemütlichen Unterkunft im geschichtsträchtigen alten Dorfkern von Schladming nahmen wir voller Spannung den zweiten Tag unter die Räder. Der Bike Park Schladming wird mit einer Bergbahn mit über 1000 Höhenmetern erschlossen. In der oberen, flacheren Sektion spielt sich dann das Hauptgeschehen ab. Ein spassiger, gut angelegter blauer Flowtrail wärmte uns gut auf und führte uns direkt zu einer der Quellen des Mythos Schladming – der 99 Jump Line, eine mittelgross dimensionierte und kreativ angelegte Jump Line, welche sich inhaltlich in verschiedene Sektionen unterteilt. Dies funktioniert, indem abwechselnd das Tempo reduziert (z.B. mit der Hilfe von Step Ups) und durch steile kurze Passagen wieder Tempo für die nächsten Sprünge aufgebaut wird. Die in der unteren Sektion parallel angelegte Monster Jump Line ist hingegen aufeinander aufbauend angelegt, was aufgrund der grösseren Dimensionierung der Sprungdistanzen absolut Sinn macht. Die 99 Jump Line tat es uns derart an, dass wir fast pausenlos nur diese in Endlosschleife befuhren.
Reiteralm
Nach einem spannenden Austausch mit Mario von der Bike Park Crew Schladming und etwas Rehydrierung fuhren wir mit dem Shuttle rüber zur Reiteralm, wo am Freitagabend der Bahnbetrieb bis 19h den Trail Spass verlängert. Verschiedene Trail Styles mit natürlichem Approach (Enduro und Singletrails) machen die Reiteralm zu einem schönen Landschafts- und Trail Erlebnis. Was als Ergänzung zum Bike Park Schladming absolut Sinn macht. Einzige Ausnahme ist eine kürzlich neu erstellte, kurze Jump Line, die uns ebenfalls sehr gefiel, aber einiges kürzer als die 99 Jump Line in Schladming ist. Dies ist eventuell dem sehr steilen Gelände geschuldet, was den Bau dieser Jump Line sehr anspruchsvoll gestaltete.
So war es keine Überraschung, dass es uns am Folgetag allesamt wieder in Richtung 99 Jump Line zog. An diesem Tag fanden wir zudem heraus, dass der Bike Park Schladming auch sonst überzeugt mit einem stimmigen und übersichtlichen Angebot mit verschiedenen Trail Styles und Schwierigkeitsstufen. Der Mythos lebt und ist spürbar. Zudem war der Zustand der Trails sehr gut, bedenkend dass wir Ende Juli nach einigen Wochen Hochsaison da waren. Die Müdigkeit der schier endlosen Jük-Sessions machte sich langsam breit und so genossen wir eine feine Abkühlung durch ein paar letzte Sprünge in den Fluss Enns sowie einen anschliessend unvergesslichen Team-Abend mit vielen weiteren Schladmingers – dem ortgebrauten Hopfengetränk.





















Trail Center Bichl (Innsbruck)
Auf dem Heimweg am Sonntag machte eine kleine Gruppe noch einen Abstecher in das im Sommer 24 neu eröffnete Trail Center “Bichl Trails”. Es beeindruckt, was mit “nur” 25 Meter Höhenunterschied gemacht werden kann. Auf kompakter und gut überschaubarer Fläche bieten ein XC-Rundkurs, ein roter sowie ein schwarzer Single Trail, ein blauer Flow Trail sowie eine anspruchsvollere Jump Line alles was das Biker-Herz begehrt. Sogar für den Aufstieg ist ein spassiger Single Trail (sog. Uphill Trail) vorhanden.

Unsere Schladminger Key-Take-Aways:
- den Jüks gehört die Zukunft: stimmige, gut in die bestehende Topographie eingebettete und abwechslungsreiche Jump Lines begeistern. Es sind nicht mehr ein paar wenige Nutzende, die dem Jükgenuss frönen. Die Jump Lines waren durchwegs die am meisten frequentierten Strecken
- das Fahrniveau wächst rasant: durch die verfügbare und sich stets weiterentwickelnde Infrastruktur ist die nächste sowie die übernächste Fahrtechnikgeneration bereits am Start. Das muss man in der Angebotsgestaltung berücksichtigen.
- Ob Sprünge gefährlich sind, hat nur bedingt etwas mit deren Grösse zu tun. Eine gute Dimensionierung, ein funktionierendes Speed Management, die richtigen Absprung- und Landungswinkel, eine gute Lesbarkeit, genügend Vorbereitungszeit und gute Pflege sind weit wichtigere Faktoren, um Sprünge sicher zu planen und zu bauen.
- Eine stimmige Progression und Abwechslung der Trail Styles sowie deren Zustand durch einen sichergestellten und professionell ausgeführten Unterhalt sind entscheidend für den langfristigen Erfolg einer Destination.
- Die Mountainbikenden segmentieren sich stets weiter und tiefer ins Detail – nur wenn man dem Rechnung trägt, kann man in Zukunft auch das Gros abholen.
Der Mythos lebt und entwickelt sich. In den Anfangsjahren ein Leuchtturm im Downhill-Weltcup mausert sich Schladming zur umfassenden Mountainbike-Destination! Kontinuierliche Zielgruppen-orientierte Weiterentwicklung trägt hier zum Erfolg bei.
Vast Team vor dem Dachstein-Massiv, v.l.n.r:
Emma, Severin, Levi, Jochen, Donat, Greg, Schnurri, Dave, Marco, Philipp, Mario und Leo
